Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Fähren, Warten und Frieren sowie vom Winde fast verweht

Freitag, 29. Juni 2007: Ich hatte ja geplant, heute über die sogenannte Phil-Fil-Vielosophie zu schreiben, doch leider wurden meine Gedanken im entscheidenden Moment vom Wind verweht. Und eigentlich passierte auch heute wieder zuviel, um ausreichend Platz für den entsprechenden Diskurs zu haben. Schliesslich waren heute zwei Übersetzungen mit der Fähre zu bewältigen und wir eroberten die Lofoten nach einer spontanen Änderung des Reiseprogramms.

Derzeit sitzen wir in einem kleinen Aufenthaltsraums in einem Zeltplatz irgendwo auf einer Insel der Lofoten (Achtung: Obwohl mehrere Inseln zum Lofoten gehören und es für den Deutsch sprechenden latent nach Plural riecht, heisst es korrekt der Lofot. Und weil der Skandinavier die bestimmten Artikel affigiert, in diesem Fall -en, wird die Inselgruppe eben zu Lofoten. Zur Vorbeugung aller Besserwisser.), nachdem wird am Meer bei Wind und Wetter (okay, es hat nicht geregnet, aber kalt wars) zu zweit huschrasch 750 g Fleisch gegrillt und verzehrt hatte. Also mittlerweile hat die Recherchegruppe erarbeitet, dass der Zeltplatz Hov heisst und eine der ältesten bewohnten Stelle auf Lofoten war. Doch dazu am Ende des Berichts mehr.

Die Änderungen des Reiseplans, der ja ohnehin der Flexibilitäts-Doktrin unterworfen ist, erfolgte am Abend. Auf die Benutzung des Hurtigruten-Schiffs nach Tromsö wurde aus verschiedenen Gründen verzichtet. Erstens wäre die Fähre unmenschlich früh um 8 Uhr schon losgefahren, zweitens hätte uns das ziemlich viele Kilometer zurück beschert, was jedoch nicht für alles so tragisch gewesen wäre, und drittens lockte doch der Abstecher auf die Inselgruppe Lofoten.

Die Abreise verzögerte sich dann aufgrund verschiedener Verzögerungen und Cunctatoren, vor allem innen. Schon bald einmal standen wir mit dem Auto jedoch am Ende einer Strasse, was in Norwegen jeweils nichts anderes bedeutet, dass man auf die Fähre warten muss. Beim sogenannten Stundentakt ist es deshalb ungünstig, wenn man um 12.15 Uhr eben diese Strassenstelle erreicht. Dreiviertelstunden Wartezeit zu überbrücken kann unter Umständen doch leicht langweilend sein, zumal kein Geschäft, dafür Regen präsent war. Johnny Cash war es vorbehalten, diese Zeit gefühlt zu verkürzen. Für 120 norwegische Kronen liessen uns die freundlichen Herrschaften in den gelben Shirts übersetzen. Damit kostete eine Minute Fährfahrt 6 von diesem Geld.

Dass Norwegen nicht ein klassisches Billigland ist, bemerkten wir – falls es uns noch nicht nachhaltig in Peppes Pizza aufgefallen war – beim Einkauf im Rimi. Der norwegische Bruder von Lidl und Aldi und Denner zieht einem das Geld schon beim Betrachten der Artikel aus der Tasche. Das fand wohl auch die alte norwegische Dame, die vor uns bei Geldentleerungsschalter anstand. Allerdings war ihr Gebrummel nur schwer verständlich und zu deuten und liess vor allem den nicht übermotiviert wirkenden Kassier ähnlich kalt wie die Temperaturen in den hiesigen Gewässern.

Deutlich frequentierter war der zweite Fährhafen, obwohl wir wieder hinter der gleichen Familie anzustehen hatten. Letzterer Faktor beruhte auf Zufall und gleicher Route, ersteres lag an der E10, die eher zu den viel befahrenen Strecken gehört. Auch die Deutschen mit ihren Wohnmobilen kennen diese Strasse offensichtlich. Und auch solche mit Motorrad und ohne Geduld. Beim Anstehen verloren zwei dieser Zweiradfahrer leicht die Nerven, als ihre Kolonne nicht auf die Fähre beordert wurde und sie eine weitere Abfahrt abwarten mussten – nicht als ganz einzige natürlich. Dabei konnte man sich hier die Wartezeit nicht nur mit Johnny Cash, sondern auch Cash gegen Waren eintauschen. Musste auch gemacht werden, weil die Schokolade gerade einmal 30 km überlebte.

Auf Lofoten also gibt es vor allem einmal viele Berge, rundherum viel Wasser und wie erst später – beim Verlassen des Autos bemerkt – viel Wind und wenig Temperatur. Nach einer Anti-Schlecht-Geht-Pause (keine Angst, ohne die dabei möglichen Konsequenzen) setzten wir nach einer der zahlreichen Brückenüberfahrten sofort nach links ab, wo der Wegweiser zu einem Golfplatz wies. Nun war uns nicht plötzlich nach Schwingen der Schläger, sondern stand mit einem kleinen Hinweis auch noch Hytte. Und das Thema Übernachten mit Nordblick wegen der Mitternachtssonne war sehr dominant. Just bevor das Traktandum Wenden ernsthaft aufs Tapet gebracht wurde, leuchtete uns ein Camping-Schild entgegen.

Beim Aussteigen stieg einem zwar sofort ein wohlbekannter Geruch in die Nase, den wir in der Schweiz auf ländlichen Gegenden rund um Scheunen sehr wohl auch kennen. Doch das Ambiente direkt am Meer schien uns wie gemacht. Gar ein Strand mit weissem, feinen Sand verwöhnte das Auge; barfuss sammelte man noch keinen Erfahrungen wegen kalt. Gleiches dürfte auch für das Wasser gelten, in dessen Nähe man sich aus ebendiesem Grund noch gar nicht gewagt hat.

Die freundliche Frau an der Rezeption – oder wie der Norweger schreibt: Resepsjon; und sagt: Resepschuuuuuun – verkaufte uns für 110 Kronen eine Nacht für drei Personen in zwei Zelten, womit das Abenteuer natürlich erst begann. Winde, die Alinghi sofort in die Werft zurückgetrieben und wohl die New-Zealand-Jacht endgültig demoliert hätten, erleichterten die Aufbauarbeiten höchstens sehr bedingt. Während Marcos Zelt in erstaunlicher Geschwindigkeit bereits dem Wind trotzte, leistete meine Behausung ernsthaften Widerstand. Erst gingen die faltbaren Zeltstangen hopps, weil der alles verbindende Gummizug sein Ende bejubelte. Dies wiederum liess die fünf Einzelteile in scharfem Bogen zu Boden schmettern. Diese eher emotionale denn geschickte Aktion verursachte wiederum einen Reinigungseinsatz, damit die Teile dann wieder zusammenpassten. Halt verschaffte der demolierten Zeltstand Isolierband, das normalerweise zum Einbinden von Eishockeystöcken dient. Weiss der Kuckuck, warum genau ich dieses eingepackt hatte; undankbar war ich diesem Moment nicht. Irgendwann, nachdem das Zelt zweimal beinahe fortgewindet worden wäre, stand es dann doch mehr oder weniger sicher in den Boden geheringt. Und so soll es bitte sehr auch bleiben – insbesondere in der Nacht. Eventuell genehmige ich mir noch einen, zwei Whisky, um besonders schwer zu liegen. In diesem Zustand lässt sich auch besser über die Viel-Phil-Filosoforie debattieren, zumal heute Phil Collins uns wieder einmal übermässig beglücken wollte. Seine Soloauftritte werden ohnehin kaum mehr goutiert, und mit Glück kann Phil mit seinen nicht in Wien beheimateten Harmonikern über den iPod uns beglücken. Letzteres schaffte – zumindest für den Fahrer – ein kleines Südkurvenlied, das ebenfalls im MP3-Player verewigt ist. Letzi läbt ewig.

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