Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Tag der FlĂĽssigkeiten

Freitag, 27. Juli 2007: Schnell wurde klar, dass der heutige Tag trotz der bedeutungsschwangeren Abreise aus Uppsala ganz im Zeichen diverser flüssigen Erzeugnisse mehr oder weniger Basis steht. Während einige noch den Schlaf des Gerechten schnarchten und die Freundin dieses einigen schon längst am Arbeiten war, packte der einsame Held seine Sieben Sachen und bereitete sein Auto auf die weite Reise vor. Dazu war eben die Regulierung der diversen Flüssigkeitshaushalte im Fahrzeug nötig. Öl brauchte der Stilo jedoch keine, obwohl extra im Biltema noch ein Liter eingekauft, dafür umso intensiver Scheibenwischerwasser, am gleichen Ort erstanden.

Als drittes Flüssigkeit gesellte sich dann das Wasser zum Tag. Erst in Form der immer wieder am Morgen so erquickenden Dusche, dann in einer eher globalen Dusche als Regen. Die Wetterkapriolen sollten mich ohnehin den ganzen Tag begleiten, doch bevor es überhaupt erst zur rührenden Abschiedszeremonie und die traurige Abfahrt aus Uppsala, in deren Folge man in Folge emotionaler Aufgewühltheit trotz roter Hinweislampe die erste Tankstelle elegant rechts liegen liess, kommen konnte, war die Lage ernst – wie wir zu sagen pflegen. Zu einem korrekten Morgen gehört nämlich neben der Dusche auch der Kaffee; und der Begriff Morgen musste aus Sicht eines normal Arbeitenden arg strapaziert werden. Wie gesagt, das mit dem Siebenschläfer verzögerte auch die beliebte Koffeinzufuhr.

Irgendwann bin ich dann also doch abgefahren und entgegen den innigen Ratschlägen des auf stumm geschalteten Niggli-Luder (obwohl nie Proteste bei Nichteinhaltung der vorgeschlagenen Route gekommen waren) steuerte ich Sigtuna an. Wegen den Autoeinbrechern hatte ich ja auch hier noch einige Knipsrechnungen offen, und am Himmel zeigten sich temporär gar einige Lücken in der Wolkendecke – also zumindest erahnen konnte man diese. Und in Sigtuna wusste ich, hatte es neben nun den üblichen Touristen mit dem deutsch akzentuierten Englisch (falls überhaupt) auch eine Tankstelle. Es sollte meine letzte in Schweden sein – so der Plan.

Nach dem routinierten und unbürokratischen Abhandeln meines touristischen Plans konnte ich die Weiterfahrt antreten resp. angehen resp. einfach weiterfahren. Die Fahrt führte mich Richtung Linköping, nachdem ich unterwegs dem lieben Niggli-Luder immer wieder neue Zwischenziele angab, weil zahlreiche Nachknipsobjekte mir dann doch plötzlich nicht mehr so wichtig erschienen resp. die Motivation doch auch etwas abhanden gekommen war. So wurden das Varnhem Kloster, der Sparlösasten, der Dom von Skara und sowieso das Schloss von Örebro und der komische Grabhügel von Kumla galant ignoriert.

Dennoch verlief die Fahrt nicht ohne Probleme und Zwischenfälle. Zuerst musste ich einen Notboxenstopp einlegen, weil mir beinahe die Motorhaube um die Ohren geflogen wäre. Deshalb ergeht folgender Tipp: Wer Öl und Scheibenwischer ordentlich kontrolliert oder gar nachfüllt, soll die Motorhaube lieber zuknallen lassen statt sich selber mit Rücksicht auf des Nachbars Trommelfell im späteren Verlauf der Fahrt erhöhten Risiken auszusetzen. Dann schien sich ein Stau anzubahnen, doch es war alles nur halb so schlimm. Der Verkehr wurde wegen eines Unfalls zwar tatsächlich umgeleitet, doch es waren in meiner Fahrtrichtung höchstens Symptome erkennbar, die leicht zu beheben waren. Auf der Gegenfahrbahn lag resp. stand resp. war vor allem die Ursache: Ein irgendwie komisch gewinkelter Lastwagen mit Anhänger blockierte die ganze Fahrbahn, was dahinter für extrem unflüssigen Verkehrsfluss sorgte. Ich war aber glücklich passierte das Ganze auf der anderen Seite.

Ich erreichte aber schliesslich ohne weitere Probleme den Ring von Linköping – der Schwede baut regelmässig eine Rundherumstrecke um seine Städte, was dem Zürcher offenbar noch nicht richtig in den Sinn gekommen ist. Dieser bevorzugt die Autobahnen direkt in der City aufhören zu lassen. Item. Hier bewahrheitete sich der vorgestern gelesene Spruch bei der Jet-Tankstelle, dass man Leben rette, wenn man sich an die Geschwindigkeiten halte. Ich hatte also gefühlt schon unzählige Leben gerettet, doch so konkret wie auf diesem Umfahrungsring hatte es sich noch nie geäussert. Blitzschnell erkannte ich das Eichhörnchen, das von links über die Strasse huschte. Ohne einen eleganten Schwenker bei 73,4 km/h wäre das Tierchen wohl platt gewesen, doch kann eben getrost der Konjunktiv angewandt werden.

Bei Linköping wurde ich dann wieder zum Blitztouristen. Ich sagte mir, wenn das Wetter es zulasse, dann werde dem Schloss Läckö nochmals ein Besuch abgestattet. Zulassen bedeutete zum Beispiel, das weisse Schloss vor dem dunklen Wolkenspiel zu knipsen. Die 22 km lange Fahrt von Linköping bis hinaus zur Halbinselspitze liess mich am Unterfangen kurz zweifeln, als der Scheibenwischer in der höchsten Frequenz seine Arbeit verrichten musste. Doch der Glaube an das Gute – im speziellen Fall klein geschrieben und mit Wetter als angehängtem Substantiv – war stärker. Zum Glück. Die Parkplatzgebühr schenkte ich mir ein weiteres Mal, da ich es pressant hatte. Und dies galt schon jetzt nicht nur für die Fototour. Doch weil das nächste (und letzte) Tagesziel mit Trollhättan nicht weit entfernt war, verzichtete ich auf irgendwelche Entleerungen.

Überraschend gut war das Wetter an meinem Tagesziel, weshalb die Schleusen einen zweiten Besuch meinerseits mit Kamera erhielten. In Windeseile durchraste ich den angegebenen Spaziergang entlang den drei Generationen von Schleusen – wie schon beim letzten Mal -, ignorierte jedoch die modernste Version sozusagen gänzlich. Nach erfolgter Bildschiesserei ging es wies „Bisiwätter“ ins vorgebuchte Hotel. Wobei „Bisiwätter“ irgendwie nur die halbe Wahrheit war und keinen Zusammenhang mit irgendwelchen grossmeteorologischen Zuständen hatte. Im Hotel wurde mir von Rezeptionist Frederick das Zimmer 105 zugeteilt.

Schon beim Betreten des Raumes schwante mir nicht speziell viel Gutes. Eine angefangenen Coca-Cola-Flasche auf dem Tisch, wo ich mich doch vornehmlich an die jüngste Errungenschaft aus diesem Hause mit dem Beinamen „Zero“ halte, die Abfalleimer mit Zigarettenpäcklein drin und das Bett in gepflegter Unordnung. Doch für einen ganz kurzen Moment war mir dies alles scheissegal. Im Wortsinn. Dann zog ich meinen Koffer zurück an die Rezeption und vermeldete, dass da wohl ein gewisser Irrtum vorliegen müssen und bezog wenig später das Einzelzimmer mit der Nummer 109. Immerhin erhielt ich dank meiner Voranfrage noch ein Zimmer, alle folgenden, spontan agierenden Touristen wurden an ein anderes Hotel verwiesen. Immerhin.

Für mich begannen schon bald die Vorkehrungen für einen nächtlichen resp. spätabendlichen Ausflug. Die Touristeninformation vermeldete, dass der Wasserfall heute um 23 Uhr in Betrieb sein würde. Nett beleuchtet auch noch, weil es ja nunmehr schon wieder eher dunkler wird bei der Nacht. Ich war also vor dem Nachtessen (ein Alohaburger-Menü im Max…) noch auf Rekognoszierungstour, um den besten Knipsort für später zu kennen. Gut bei der eigentlichen Abendwanderung erkannte ich schnell, dass rasches Umdenken getreu der Flexibilitätsdoktrin gefragt war. Rechtzeitig hatte ich mein Stativ aufgestellt, und vor mir war nur ein älteres holländisches Pärchen an diese Stelle gekommen. Derweil standen sich die meisten auf der Brücke (mit sehr guter Sicht notabene, was ich auch den jungen Schweden geraten hatte, die mich offenbar für einen kolossalen Kenner des Wasserfalls gehalten hatten) die Füsse in den Bauch und versuchten mit ihren Mickey-Mouse-Kameras samt Blitz die Szenerie einzufangen.

Das Spektakel, von den ich ja auch nur einige Werbebilder gesehen hatte, lochte also zahlreiche Leute auf die Brücke und einige wenige darunter. Mit dabei war auch ein Deutscher, der in etwa genau einen Satz komplett auf Schwedisch herausbrachte, danach auf eine Art mit schwedischen Fragmenten angereichertes Deutsch auswich, als er erklärte wie sich nun die Schleusen öffnen würden. Nun denn, immerhin stimmten seine Informationen, und nach zehn Minuten war der ganze Spuk schon wieder vorbei. Vattenfall, so heisst die schwedische Monopolstromlieferantin tatsächlich, wollte das Wasser wieder zur Gewinnung des von ihr teuer verkauften Stroms. Eigentlich ein Wunder bei deren Geschäftspolitik, dass sie nicht auf Schadensersatz beharrt. Licht aus, heimgehen, gute Nacht.

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©2007 Alle Bilder und Texte Sascha und Marco
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