Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.
Regenbogenwetter zum Abschluss
Samstag, 28. Juli 2007: Wiederum wirkte die niederträchtige Tat von Halmstad nachhaltig nach, wobei von gestern noch nachzutragen ist, dass der 10'000. Kilometer absolviert worden war. Wie vom freundlichen Stena-Line-Mensch aus Kiel, der mir ein neues Ticket gemailt hatte, geraten, begab ich mich zeitig auf den Weg Richtung Göteborg. Ich liess die einmal vage ins Aug gefassten Abstecher nach Håverud (Aquädukt), wo ich gestohlene Fotos quasi wiederbeschaffen wollte, sowie gar Tanumshede, wo ich zerstümmelte Bilder wieder herstellen wollte, vag ins Aug gefasste Abstecher sein und nahm direkten Kurs auf die zweitgrösste schwedische Stadt. Der hundsgemeine Dieb sollte in keinem Fall vor mir die Bordkarte beantragen können, dann natürlich vor meinen Augen von der Polizei dingfest gemacht werden und mir schliesslich auf den Knien flennend und kleinlaut meine Sachen wieder zurückgeben.
Nun war 10.30 Uhr unglaublich viel zu früh wie sich sehr schnell herausstellte, weshalb ich den Stilo umgehend wendete und im Parkhaus des Einkaufszentrums Nordstan wieder abstellte. Die letzte Shopping-Tour auf schwedischem Grund wurde eingeleitet. Weil die Bordkarte jedoch frühestens irgendwie ab 13.30 Uhr abzuholen war, reichte selbst die einkaufsfreudige Laune nicht zum gänzlichen Überbrücken der Zeit. So vergnügte man sich im Aufenthaltsraum mit Tom & Jerry oder las in Håkan Nessers „Människa utan hund“. Irritiert stellte man eine gewisse Unordnung beim Einordnen fest. Die deutschen Reisenden eröffneten die Kolonne neu auf Bahn 6 und liessen mich auf Bahn 2 links liegen. Ich fühlte mich recht lange ziemlich routiniert in meinem Verhalten, auch also ich im 300 Meter entfernten Schalterbüro meine Bordkarte geholt hatte.
Ich beobachtete, wie ein Velofahrer mit aufgestellter Schweizer Fahne vorfuhr und sich nach den Eincheckmodalitäten erkundigte. Er machte von sich ein Selbstportrait vor dem Terminal und sammelte nicht gerade Tausende von Sympathiepunkten. Bald nahte jedoch der Moment, wo auf der analogen Uhr, also eine wie ich temporär in Enköping verloren hatte, der grosse Zeiger ganz gegen oben zeigte und extrem im rechten Winkel zum kleinen Zeiger steht. Dieser Zeitpunkt – so hiess es – sei gleichbedeutend mit dem Beginn des Eincheckens, was natürlich wiederum eine gewisse Hektik und Unruhe bei unseren deutschen Freunden und auch beim Velofahrer aufkeimen liess.
Der mutmasslich Schweizerische Velofahrer drehte schnell wieder ab und fuhr auf die andere Richtung davon, derweil Deutsche, Holländer, Belgier und Österreicher sowie einige Schweden durchs Check-In-Häuschen resp. korrekt daran vorbei in die Einschiff-Zone fuhren. Nur ich wurde auch von den Stena-Line-Stewarts extrem ignoriert. Speziell tragisch nahm ich das jedoch nicht, erst nach einer halben Stunde als sich auf den anderen Bahnen die Kolonnen sichtlich gelichtet hatten, fragte ich schüchtern nach, weshalb ich noch nicht berücksichtig worden war. Und in diesem Moment offenbarte sich die eigentliche Sinnlosigkeit der Hektik über den ganzen Tag. Die Fähre wurde zu einem Zwischenausflug nach Dänemark geschickt und wurde nicht vor 18 Uhr wieder in Göteborg erwartet. Ich solle doch lieber meine Zeit noch in der Stadt vertreiben, es sei im Warteraum nicht sonderlich spannend. In der Stadt war ich schon, also rollte ich halt doch in den Warteraum, wo ich mir mit Nesser die Zeit vertrieb.
Der als äusserst ungeduldig bekannte Deutsche zeigte sich erstaunlich gelassen beobachtete am Quai die Szenerie im Fluss oder las oder schlief. Letztere beiden Tätigkeiten resp. Nicht-Tätigkeiten mit Vorliebe im minütlich wärmer werdenden Auto. Zu beobachten waren auch zwei deutsche Frauen im Auto, die mit Sicherheit nicht Kundinnen, sondern höchstens Kandidatinnen von Weight Watchers waren, die sich keinen Millimeter von ihrer 2-kg-Megapackung Toblerone entfernten. Später kehrte der Mann – trotz Sonnenschein und sogenannten Flip-Flop-tauglichen Temperaturen in schwarzen Jeans und schwarzer Jeansjacke, dann auch zum Auto zurück, und es kann festgehalten werden, dass er wohl auch der Schokolade partizipiert.
Leichte Unruhe kam jeweils nur auf, wenn ein Stena-Line-Schiff elegant an unserem Quai vorbeifuhr; man wollte dann doch einmal auf das Boot. Und gegen 18.15 Uhr war es dann soweit. Der sich nun doch breit machenden Ungeduld konnte entgegengetreten werden. Immerhin hatte das späte Einchecken den Vorteil, dass man auf der Fähre sich etwas weniger langweilte, weil sie ja alsbald absetzte. Diesmal war man auch darauf gefasst, dass die Fähre trotz aller optischen Täuschungen unter der Brücke gleich nach der Anlegestelle durchpassen würde – und man hatte den Fotoapparat griffbereit. Allerdings wurde männiglich auch immer wieder vom Sonnendeck vertrieben, weil die vorbeiziehenden dunklen Wolken nicht nur Dekoration waren. Und ein solcher Platzregen führte dann zu einem der schönsten Regenbogen aller Zeiten, Länder und Farben. Perfekt bog er sich über Göteborg.
Der Regen trieb die Leute natürlich auch in den Shop, wo man sich mit allerlei Alkohol oder Unnützlichem eindeckte. Und sich lautstark unterhielt. „Schatz, wir könnten unserem Kleinen ja dieses T-Shirt mitbringen“, teilte eine Frau quer durch den Laden ihrem Ehemann mit und zeigte das Leibchen mit der Aufschrift „Made in Sweden“. Dieser entgegnete nicht minder laut, dass das eine gute sei, weil es ja den Tatsachen entsprechen würde. Lautes Gelächter der Direktbetroffenen.
Während ich mir dann an der Bar (das Wetter nötigte nicht unbedingt längere Aufenthalte im Freien ab) ein Bier bestellen wollte, taten dies vor mir auch noch andere. Diese waren mit den Sprachen (Schwedisch und Englisch) auf ähnlichem Kriegsfuss wie mit der Währung; die Frau schaute den zur Bezahlung bereitgehaltenen 100-Kronen-Schein jedenfalls an, als hätte sie eben das achte Weltwunder entdeckt.
Am Buffet war ich natürlich jetzt schon ein grosser Routinier nach den Erfahrungen auf der Hinfahrt. 20 Minuten nach der Eröffnung erst setzte ich mich an mein mir zugewiesenes Tischchen, überging die fischigen Vorspeisen, die mir ohnehin nicht so behagen (Fische haben quadratisch und paniert zu sein!) und setzte auf gesunde (Salat) und feine (Fleisch und Kartoffelgratin) Ernährung sowie den bekannten Rotwein. Aus Langeweile sprach ich dann den Schweizer Velofahrer (das mutmasslich kann nunmehr gestrichen werden) an, was mich in der Folge vom Dessert und weiteren Betrinken fernhielt. Dafür erzählte der Berner ohne Berner Dialekt von seiner Radtour von Oslo nach Røros nach Göteborg und seinen verregneten drei Wochen. Ich hätte ja gerne dann doch noch zu Nachspeise und Wein gegriffen, doch ich musste wegen anderen Bedürfnissen relativ rasch zurück in meine Kabine. Dann ins Bett.
Songs des Tages:
- Sunrise Avenue „Fairytale gone bad“, weil der Songs irgendwie halt passt.
Zahlen des Tages:
- Distanz: 91,2 km
- Durchschnitt: 55 km/h
- Verbrauch: 7,1 l/100 km
- Fahrzeit: 1:40 h
©2007 – Alle Bilder und Texte Sascha und Marco
Saschas und Marcos Jubiläumsreise. Schreib uns:
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