Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Kurze Nächte, kleine Augen, grosse Reisen

Sonntag, 1. Juli 2007: Nachzutragen zum gestrigen Tag bleibt natürlich noch der Fakt der Mitternachtssonne, der gestern – wie leider auch die Viel-Fil-Philosophie, die später ausgeführt werden wird – doch noch etwas zu wenig Platz eingeräumt worden war, zumal die Wartezeit mit höchst attraktivem Mini-Tischtennis auf höchstem Niveau verkürzt worden war. Sie verschwand also tatsächlich nicht unter dem Horizont, der vom Meer gebildet wurde – im Gegensatz zu heute, wo sie Punkt 21.23 Uhr hinter einen Hügel verschwand. Deshalb ist es jetzt auch ohne Mühe möglich auf der Picknick-Decke bei Kaffee und Grappa den heutigen Blogeintrag zu schreiben.

Durchaus zu erwähnen von den späten Ereignissen des gestrigen Tages ist das mutmasslich italienische Paar, das sich mit Cüpli und Sektglas am Strand installiert hatte. Die Handyfotos mit Flasche und Glas im Vorder- sowie Sonne und Strand im Hintergrund dürften den Sprung weder in eine Kunstausstellung noch in die vorderen Positionen eine Wettbewerbs schaffen. Aber offenbar wartete das Pärchen, das offen und ehrlich gesagt vor allem wegen seines Aussehens – insbesondere des Mannes, der wie ein typischer Sandro Giusi aussah – der italienischen Provenienz zugeordnet wurde, nicht auf die über dem Horizont stehende Sonne, sondern vielmehr auf deren Untergang. Vielmehr ist der abrupte Aufbruch um siebeneinhalb Minuten vor Mitternacht kaum zu erklären.

Kurz nach Mitternacht, also um genau 4.30 Uhr spätestens, war für uns bereits Tagwache. Weil sich das Boot von Ylva als sonntagsuntauglich erwies, mussten fast sämtliche Pläne über den Haufen – insbesondere die des genügenden Schlafs – geworfen werden. Punkt 6.00 Uhr setzte die Fähre von Svolvär nach Skutvik ab, und die hatten wir zu erreichen. Die Reise nicht mehr mit machte allerdings mein malträtiertes Zelt. Der Besitzer beschloss, dass des Zelts Aufgabe erfüllt sei, und erkor Hov zum Friedhof desselbigen.

Nun genug des ewig gestrigen. Der heutige Tag liess sich ja mit ebenfalls viel Sonne an, auch wenn die Augen die jeden Chinesen und Japaner brutal eifersüchtig gemacht hätten, die höchstens erahnten. Erst viel später, als sie den beeindruckenden Gezeitenstrom Saltstraumen in Aktion zur Flut gesehen hatten (da will man definitiv nicht ins Wasser fallen), tauten die beiden wackeren Reisenden allmählich auf. In Ulvsvåg trennten sich die Wege der weiblichen von der männlichen Reisegruppe. Während die Route ersterer über den Norden zurück in den Süden führt resp. geführt haben wird, fanden die Männer per Zickzack nach Rognan auf den Zeltplatz, wo man vor zehn Jahren schon einmal gehaust hatte.

Genau dies ist ja auch der eigentliche Grund der Reise; es ist ein Jubiläumstrip! 1997 reisten Marco und Sascha sowie die nun verhinderten oder nicht eingeladenen Simone, Franziska und Niels, den man heute wenigstens per Handy zu erreichen versuchte, durch den Norden. Die erste wichtige Station war damals Abisko, das man ja auch heuer im Programm – ja, deshalb – hatte. Und nun eben Rognan. Hier am Fjord hat sich zwar einiges verändert, vor allem ist der Strand nicht mehr ein Strand, sondern nur noch ein besserer Küstenabschnitt; der Zeltplatz jedoch ist noch immer der gleiche. Die Toilette ist noch immer jene, in der man (Man) sich vor zehn Jahren die Hucke vollgelacht hatte. Zwei lachten später weiter.

Heute sind nur noch zwei dieser Reisegruppe übrig. Doch die Prinzipien sind grosso modo geblieben. Man erfreut sich des Lebens, schmunzelt über Belgierinnen, die um den Wohnwagen pirschen, um sich vor Ehemann und Hund (und den täuscht man ja soooooo einfach) zu verstecken, oder dem älteren deutschen Ehepaar, wo sie mit robustem Beautycase und er mit barem, nicht muskelbepackten Oberkörper zur Abenddusche gehen, oder ein Berliner in voller Lautstärke seine liebsten Lieder aus der Jugend trällern lässt. Ärgerlicherweise lag seine Jugend in einer Zeit, als der Norweger den Deutschen nicht als Touristen willkommen hiess. Und seine uniforme Präsenz im Lande auch sonst nicht so schätzte.

Der Strand also. Er diente zum willkommenen Nachmittagssschlaf, nachdem die fahrt doch von einigen Nachwirkungen der kurzen Nacht – falsch, der sehr sehr kurzen Nacht – nicht unbeeinflusst geblieben war. Der Doppelstopp vor Fauske war jedoch mehr auf erstens auf den Drang nach Kaffee und zweitens nach einer Toilette mit Sitzungsmöglichkeit zurückzuführen. Also, wo ein Strand, da auch Wasser. Diese Erfahrung hatte man ja schon am Vortag in Hov gemacht. Da schien einem das Wasser gerade in der richtigen Temperatur zur Eiswürfelproduktion, heute reichte es immerhin noch – gefühlt – zum kühl halten von Glacé.

Nun also ist eben die Sonne hinter den Sieben Bergen entschwunden, was die Temperatur nicht zusätzlich in die Höhe schnellen liess. Und weil nun beide, Marco und Sascha, auf einen Kaffee verzichteten, musste die Maschine nochmals in Betrieb genommen werden. Zweimal Minus ergibt ja schliesslich Plus. Das hate wiederum den Vorteil, dass es zu einem Schluck mehr Grappa reichte. Gute Nacht.

Songs des Tages:

Zahlen des Tages:

©2007 Alle Bilder und Texte Sascha und Marco
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