Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Der Hirsche ist auch Löwe und ein 7:0

Montag, 9. Juli 2007: Der heutige Tag war sehr kreativ! So kreativ sogar, dass wir nicht einmal über die Viel-Fil-Philosophie debattieren konnten. Wir haben zwar kaum etwas gesehen, seien dies Sehenswürdigkeiten oder sei dies wegen des Nebels die Landschaft an sich. Trotzdem war der Tag kreativ wie gesagt. Denn wegen der ungenügenden äusseren Umstände waren wir auf der Suche nach Synonymen für das herrschende Wetter: Es regnete, war also die erste nicht untreffende Bezeichnung. Es schiffte wie eine More oder es strätzte waren in etwa die nächsten ebenfalls höchst präzisen Beschreibungen. Es goss wie aus Kübeln, es schiffte – übrigens auch kräftig an den Strassenrand bei passender Gelegenheit im Nebel auf dem Pass –, es pisste, es seichte, es plätscherte, der Wasserfall des Petrus war im vollen Gang, die Schleusen sind heute geöffnet, es fosste (norwegisches Wort für Wasserfall), es kurtete (sascha-marcoisches Wort ebenfalls für Wasserfall) von oben. Kurzum, es war nicht schönes Wetter heute.

Zwar sind der Flexibilitäts-Doktrin im höchsten Mass unterworfen, doch eine gewisse Konsequenz muss natürlich trotzdem sein. So stand die Stabkirche von Urnes auf dem absoluten, unabdingbaren Pflichtprogramm, weil es auch zum offiziellen Jubiläumsprogramm gehört eben. Dazu zählt auch die Fähre, die stündlich von Solvorn nach Ornes abfährt. Die ungefähre Abfahrtszeit kann problemlos erraten werden, wenn erwähnt sei, dass wir um ziemlich genau 12.11 Uhr in diesem Nest ankamen. Wir hatten in jedem Fall genügend Zeit für einen Kaffee und einen Kuchen in einem korrekten Café mit korrekter Bedienung. Andere zogen die dreiviertelstündige Wartezeit in ihrem Auto vor.

Weil wir den Gang ins Café machten, bot sich uns auch die Gelegenheit, die nach der kleinsten Stabkirche von Norwegen die wohl kleinste Toilette des Landes zu benutzen. Und ich musste diese noch mit einer Fliege teilen. Immerhin nahmen wir den Wasserweg entsprechend erleichtert unter uns, allerdings war die Einschiffung diesmal ultraschwierig. Rückwärtsfahrkenntnisse, die ich nun nicht unbedingt im Übermass besitze, war arg gefordert. Aber, ihr ahnt es sicher, ich bin korrekt auf die Fähre gekommen und habe für einmal nicht über das Ziel hinausgeschossen.

Letzteres passierte wohl der Führungsfrau, die über die Geschichte der Stabkirche erzählte und behauptete, die hirschähnliche Figur im alten Portal in der Nordwand sein Löwe. Da lachen ja die Hühner! Dafür verbot sie schnöde den knipswütigen jungen Menschen eben diese Tätigkeit in der Kirche, was diese natürlich zum Anlass nahmen, hochheimlich doch ein paar Bildli zu schiessen. Und erfolgreich, so wird berichtet.

Die Fahrt führte entlang dem Lustrafjorden auf einer schmalen Strasse, die gegenseitiges Passieren nicht zwingend vereinfachte, Richtung Fortun. Und wenn schon gegenseitiges Passieren nicht einfach ist, dann darf das Wort überholen kaum in den Mund genommen werden. Immerhin war der schleichende Holländer direkt vor uns so kulant uns Platz zu machen. Und sicherheitshalber bremste er schon ungefähr einen halben Kilometer vor der Ausweichstelle, wo das entsprechende Manöver möglich war. Aber kein Wunder bei der nervigen Frau, die bei der Stabkirche ein Russpartikel auf die zunehmende Umweltverschmutzung zurückführte. Und das war noch das intelligenteste von ihrem Geschwafel.

Unsere Fahrt führte dann über den Pass zwischen Turtagrö und Övre Ardal, dessen Passage uns 50 Kronen kostete, die uns wiederum ein Mann oben auf der Passhöhe abknöpfte. Das ist an sich noch nichts besonderes, doch grenzte es an ein Wunder, dass er uns überhaupt gesehen hat. Weil die Wolken sich auf rund 1000 Meter hinuntergelassen hatten – wohl um nicht so weit schiffen zu müssen –, durchfuhren wir einen grossen Teil der Strecke im dichten Nebel. Selbst in einem Kuhmagen würde man mehr sehen. Einige spektakuläre Ausweichmanöver, die Beifahrer Marco jeweils den Angstschweiss auf die Stirn trieben, weil rechts der Abhang zuweilen ziemlich steil war und ich jetzt gerade gerne massiv übertreibe, war die spärlichen Highlights auf dieser Fahrt. Und natürlich die süsse Begegnung mit einer kleinen Schafherde, die mitten auf der Strasse auf bessere Zeiten wartete. Unser Anhalten nutzte die Schafsmutter zur knuddligen Begrüssung und knutschte freundlich die Beifahrertüre. Dabei hatte ich immer gemeint, der Spruch laute „Hilfe, mich knutscht ein Elch!“. Egal.

Nach der ultrakurzen (144 km) und sehr süffigen Etappe (8,1 l/100 km, 1 Flasche Wein, 2 Liter Süssgetränke, 2 Gläser Grappa) logieren wir beim Lärdaler und bereiten uns auf eine Stabkirchenetappe der Deluxe-Klasse vor. Von gehobenem Format war natürlich einmal mehr unser Abendessen, das wie gewohnt vom Grill kam. 300 Gramm Entrecôte, 300 Gramm Pfeffersteak und noch zwei Würste vermochten unseren Hunger, der sich im Verlaufe des Tages bei der schmalen Kost von ungefähr je drei Reiheli Milchschokolade mit Daim-Stückchen (DER Favorit!) angesammelt hatte, gerade knapp zu stillen. Und in unserem Zimmerlein nutzten wir einen kleinen Tisch als ideale Unterlage für den Mini-Tischtennis-Tisch. Die meisten Partien verliefen ausgeglichen, die spiele waren spannend und am Schluss war es wie immer. Dazu kam das erste 7:0 in dieser Serie. Dies aber sei nur am Rande erwähnt.

Songs des Tages:

Zahlen des Tages:

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