Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Anfängerglück beim Fischen

Montag, 23. Juli 2007: Schon gestern Abend hatten wir einen ganz grossen Fixpunkt des Tages vorgebucht. Kaffee trinken mit unserem (ehemaligen) Professor Hans-Peter Naumann, der mit Frau und Kindern ein Ferienhaus irgendwo mitten im Wald besitzt. Doch zuvor standen noch einige Fixpunkte auf dem Programm, die für uns gebildete und studierte Menschen Pflicht waren.

Das Wetter machte keine eigentlichen Höhenflüge, dennoch wurde der Besuch von Linköpings Altstadt nicht ins Wasser fallen gelassen. Die Anfahrt hätte zwar etwas optimaler sein können, doch ein Falschabbiegen liegt allemal im Bereich des Ertragbaren. Weil wegen eines Spezialauftrags am Vorabend die Fotokamera noch nicht wieder auf Autofokus eingestellt war, wurden die entsprechende Bilder des Freilichtmuseums zum wenig interessanten Spiel zwischen Schärfe und Unschärfe resp. villeicht etwas präziser zum Spiel zwischen leichter Unschärfe und etwas mehr Unschärfe. Und apropos Fokus. Den hatte der ohne Kamera in die Altstadt gestartete Marco ohnehin nur auf den Outlet-Shop von Schokoladen-Produzenz Cloetta geworfen. 2 Kilogramm der dunkelbraunen Süssigkeit wechselten innerhalb von rund 23 Sekunden den Besitzer.

Im Linköpinger Dom (resp. Domkirche wie der Schwede zu sagen pflegt) wurde eine frühe lateinische Inschrift vom forschenden Marco gesucht und gefunden. Doch auch der Dom selber ist selbst für Leute, die an sich nicht ausschliesslich pro prunkige Sakralbauten sind, durchaus sehenswert. Allzuviele Besuchsminuten wurden aber gleichwohl nicht investiert, denn ein Köping am Tag reichte uns heute lange nicht. Das Länsmuseum in Nyköping, das weder mit Sport noch etwas mit Armstrong zu tun hat, war das Ziel. Genauer gesagt: Der Museumshop mit seinen Büchern.

Allerdings gestaltete sich die Anfahrt durchaus nicht ganz problemfrei. Nyköping ist zwar eigentlich herzig klein, hat aber fast mehr Einbahnstrassen und Fahrverbote als Einwohner. Und wir hatten keinen Plan, wo denn dieses Museum sein könnte. Mein erster Versuch, einmal das Nyköpingshuset anzusteuern, wurde vom eigentlich kompetenten Kopiloten abgeschmettert. Okay, wir fanden das Museum dann doch noch - direkt neben dem beschilderten Haus. Aber ehrlich gesagt, extra wegen diesem Museum muss man nicht nach Nyköping fahren. Und von den guten Runenbüchern hat es nun ohnehin wieder zwei Exemplare weniger.

Allerdings verlief der Kauf dieser Bücher nicht ganz problemfrei. In Schweden ist es gang und gäbe, dass ein Student, der sich keine schönen Ferien am Meer leisten kann, sich Geld für den nächsten Sommer mit einer kleinen Arbeit verdient. Entweder steht er in einer Stabkirche (vor allem wenn der Schwede ein Norweger ist) oder eben in einem Mueseumshop. Nun sind Studenten nicht von Grund auf praktisch denkende Menschen mit einem riesigen Bezug zur Realität. Der Blick jedoch, den der Verkäufer in Nyköping Marcos MasterCard (einer schwedischen notabene) schenkte, war irgendwo zwischen grenzenlosem Erstaunen und grossem Unverständnis, was ihm jetzt da in die Hände gedrückt worden war. Wenigstens hatte er auf einem A4-Blatt Schritt für Schritt fein säuberlich notiert, wie im Detail vorzugehen ist. Schnell wäre sicher anders.

Noch ein ganz anderer Pflichtpunkt stand in Nyköping auf dem Programm: Benzin nachfüllen. Schon von weitem erspähten wir den günstigen Tarif, mit dem die Jet-Tankstelle warb (SEK 11,04 für einen Liter). Und jsut als wir neben der Zapfsäule anhielten, machte es auch schon Pling und die rote Lampe begann zu leuchten. Wie der rege Andrang im folgenden hinter uns zeigte, schien der tiefe Tarif dem geneigten Nyköpinger Autofahrer (und villeicht dem nicht unmittelbar in der Stadt wohnenden, sparsamen Menschen) bekannt zu sein. Und die Jet-Tankstelle verdiente sich noch ein ganz anderes Lob: Ich musste für die volle Füllung nicht nach 400 Kronen Einfüllmenge ein zweites Mal ansetzen.

In der Folge standen vor dem Besuch beim Professor noch einige Forschungsmomente auf dem Programm. Wir wurden im besonderen bei einem Stein, dessen Name ich natürlich schon wieder vergessen habe, im Zentrum des Interesses. Seine Deutung und Lesung ist noch ungewiss. Angeblich - so die bisherige Forschung - ist es die einzige Runeninschrift, die eine nordische Gottheit erwähnt. Dies passt jedoch überhaupt nicht in die Theorie von Marco, deshalb untersuchten wir den Stein vor Ort genau. Und weil ich mich ja grundsätzlich auf die Seite meiner Freunde schlage, liess ich auch meine Augen und Fingerspitzen über die Ritzung gleiten. Und ich glaube, wir haben ein Thorn gefunden, was der Inschrift natürlich einen anderen Inhalt geben würde. Was sind wir doch für Foooooscher!!!

Dann war es höchste Zeit, den nicht gerade einfach zu findenden Sommersitz von Herrn Naumann anzusteuern. Doch erfuhr die Fahrt eine ungeahnte Verzögerung. Nein, wir haben uns nicht gnadenlos verfahren, sondern erblickte Marco von seinemgedachten Hochsitz einen Elch. Und diesmal so einen richtigen mit Geweih und so. Weil sich das Viech beobachtet fühlte, zog es sich in den Wald zurück. Wir gaben nicht auf und beschlossen uns dem Wald, an dessen Rand ohnehin noch zwei Runensteine stehen, zu nähern. Und plötzlich überquerte der Elch hinter uns die Strasse, ich sofort auf die Bremse, beide hechteten nach der Kamera auf der Rückbank und knipsten, was noch möglich war. Leider war nicht mehr so viel möglich. Und mein Abstecher über ein Feld in den Wald erwies primär als sehr feucht und in zweiter Linie auch noch als völlig vergebens.

Bei Naumanns eingetroffen hiess der Befehl nach Kaffee und Kuchen: Fischen! Erwiesenermassen weder Marcos noch meine Lieblingsbeschäftigung. Zwar waren beide im gleichen Masse unerfahren, doch darüber gelästert hatten wir ja schon zur Genüge. Wir ergaben uns ins Schicksal, wobei sich Marco unerschrocken als Vorkämpfer vortat und alsbald die Rute auswarf. Und schon beim zweiten Auswurf (im ersten Anlauf war der Köder also geschätzte 2,47 Meter vom Holzsteg entfernt gelandet) zappelte ein Fisch am Haken. Das Kennerauge (also nicht meine) identifizierte einen Hecht (trotz Barschköder), dessen Grösse erst später deutlich relativiert wurde. Gefühlt war und ist jedoch ein Riesenviech, das Marco da aus dem kleinen See gezogen hatte. Zu meiner doppelten Schande muss ich noch zugeben, dass ich mich auch zum Angelschmeissen hinreissen liess und dabei extrem unerfolgreich blieb. Ausser einigen Seerosen verfing sich nichts an meinem Haken.

Über den weiteren Verlauf des Abend inkl. Wein und so hüllen wir uns ein Stück in Schweigen. Irgendwann jedoch - so viel sei verraten - brachen die Dämme, weil unsere Übernachtungsstelle kurzfristig von Mariefred ins Gästehäuschen der Naumanns verlegt wurde. Der Alkohol floss fleissig die Kehlen und der Hausherr - locker-leger in weiss gekleidet - erzählte Episoden, Storys und anderes aus dem Mittelamerika-Trip. Die Version des Mannes war zwar nicht immer hundertprozent Deckungsgleich mit der Geschichte seiner Frau, was den Unterhaltungswert mit Bestimmtheit aber nicht senkte.

Songs des Tages:

Zahlen des Tages:

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