Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Sprachphänomene auf Reisen

Mittwoch, 11. Juli 2007: Heute stand erneut ein grosser Stabkirchentag auf dem Programm. In Torpo steht in nur noch rudimentäres Exemplar, dem der Svalgang und viel Krimskrams rundherum abhanden gekommen ist; Nore weist eigentümliche Verzierungen auf; in Rollag ist im besonderen der reich geschmückte und verzierte Chor sehr sehenswert; das Drachenportal ist die Besonderheit der Kirche von Flesburg (nein, nicht Flensburg); und in Eidsborg fällt die Schindelverkleidung bis an den Boden auf. Doch allen diesen Kirchen erging es schliesslich wie jener in Gol, die nur eine (erst noch verkleinerte) Kopie ihrer selbst ist. Wir liessen sie links und rechts vom Strassenrand liegen. Nur die Exemplare von Uvdal, wo wir zuerst allerdings die im Stabkirchenstil erbaute moderne Holzkirche ansteuerten, und die Prachtsausgabe von Heddal verdienten unsere volle Aufmerksamkeit.

Dass Marco jedoch die weite Reise des heutigen Tages mittun (das Wort ist meines Wissens nicht mit einem norwegischen Kaff Namens Midttun verwandt) konnte, war pures Glück. Die Lättli im Lattenrost der Goler Unterkunft waren nur bedingt fest angemacht, wie man überhaupt das Wort Lattenrost nur in Ermangelung eines treffenderen Begriffs verwendet. Vielmehr waren es violett (oder eine ähnlich kitschige Farbe, in der mehr oder weniger das gesamte Interieur der Hüttenstadt gehalten war, gestrichene Holzlatten, die die Matratze tragen sollten. Sie verrichteten ihren Dienst bei einer Gewichtsverlagerung von mir – und ich bin ja im Vergleich mit dem grossen, breiten Durchschnitt der Menschheit doch immer noch ein kleines Fliegengewicht – nicht mehr und plumpsten auf die untere Matratze, wo Marco sich seine Bettstatt eingerichtet hatte. Und am Morgen wäre er dann noch beinahe auf der rutschigen Holztreppe ausgerutscht. Aber das war dann nur noch ein kleines Detail und mehr eine Gleichgewichtsübung.

Ansonsten stand die Fahrt im Zeichen einer klassischen Überführungsetappe mit einigen leichteren Steigungen, wo trotzdem wieder gewagte Überholmanöver gefordert waren. Der Weg führte heute erstmals wieder klar und deutlich Richtung Süden, was sich in Sachen Klima höchstens insofern äusserte, dass es weiter feuchtelte und einen Dreck wärmer war. Gerade mal maximal 19 Grad. Soll noch einer sagen, je süder ein Land, desto scheiner dort die Sonne. Immerhin hatte der Regen bei unseren Stabkirchenbesuchen jeweils eine korrekte Arbeitspause.

Weiter gilt auch wieder einmal festzuhalten, dass die Stabkirchen ausserhalb der hauptsächlichen Touristenzone, also in diesem Fall Uvdal, den Besuch mehr lohnen als jene beinahe zur reinen Attraktion degradierten Gotteshäuser der Urahnen der Region. Erstens werden einem in den Nebenschauplätzen in aller Regel weniger Kronen pro Kirche abgenommen (klar, unter 30 machts keine) und zweitens meistens auch mehr geboten. Und welch schlitzohriger Kassierer der Norweger ist, dokumentiert das Verrechnen von 90 Öre für einen gar nicht bezogenen Plastiksack im ICA von Notodden.

Elche gab’s auch heute nicht, aber immerhin ein Elchcafé, das passend am Elchsee liegt, der vor dem Eintreten des Regens schöne Spiegelungen bot. Zwar lud es zu Kaffee und Kuchen, weil die Lage im Verlauf des Nachmittags doch dramatisch ernst geworden war. Unsere Kameras waren aber nur für den schönen See und nicht den Namensgeber dieses Gewässers gefordert. Elche blieben in Norwegen trotz Schilderinflation verschwunden. Und glaubt mir der Norweger warnt im Schnitt fast alle paar Hundert Meter vor einem solchen Viech. So viele Elche wie Schilder kann es in diesem Land gar nicht geben, sonst hätten die Menschen trotz der beachtlichen Grösse überhaupt keinen Platz mehr. Gleiches gilt auch für die Schaf-Warnungen und insbesondere für die Warnungen vor hüpfenden Hirschen. Wir haben nicht einmal gehende oder laufende gesehen.

Lustig war’s dann doch immer wieder mal auf unserem Reisli, das uns ja auch wieder in die Regionen der zivilisierte(re)n Benzinpreise und vor allem näher an Schweden brachte. Erstens natürlich, weil wir ganz lustige Kerle sind, die sich auch nicht zu schade sind, sich ein paar Minuten einmal ordentlich anzuschweigen. Schliesslich kann man nicht ausschliesslich tagein tagaus über die Viel-Fil-Philospohie sprechen – geschweige denn noch unter Einbezug des Filefjell, das wir gestern durchfahren hatten. Der Brüller war natürlich der Ort Veggli, vor allem weil es ja tatsächlich die Bäckerei „Veggli Bagerie“ gab. Allerdings unterzogen wir das Angebot des Weggli-Becks keiner genauen und auch keiner ungenauen Prüfung.

Ein ganz anderes Thema, das uns während des Tages beschäftigt, sind die Sprachphänomene per se. So entwickelten wir im Verlaufe der letzten Wochen eine Sprache in unserem Mikrokosmos, die mit eigener Grammatik und eigenen Gesetzen ausgestattet ist. Wir entfernten uns zuweilen gar derart weit vom ursprünglichen Deutschen, dass Aussenstehende grosse Mühe hätten, dem anspruchsvollen Dialog zu folgen. Gleichsam bauten wir ein Phänomen in unsere Sprache ein, dass im besonderen vielleicht Leute aus dem Osten begleitet, wenn sie sich der deutschen Sprache mächtig machen wollen. Das würde also heissen, dass Sprache übersetzt dann “Scheberache” heisst. Oder Schelüssel. Oder Schedderess. Oder Schedderasse. Es handelt sich um den sogenannten Sprossvokal resp. Epenthese resp. Svarabhakti. Oder Scheberossvokal. Man könnte allerdings auch argumentieren, dass es nur ein Scheberachfehler ist.

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