Der Blog von unserer Ferienreise vom Norden, resp. etwas südlicher davon, in den Norden, resp. in den Westen.

Nacktbaden im Sommerskicenter

Samstag, 7. Juli 2007: Wir debattieren immer wieder über die Viel-Fil-Philosophie, wi zelten, es ist warm, zuweilen sehr warm, vor allem im Zelt – und, dies sei an dieser Stelle explizitistens betont, nicht weil wir etwa derart schwul sind wie so viele Holländer, denen wir begegnen. Also, kurzer Rede, langer Sinn: Es ist Sommer und dies zeigt sich derzeit auch beim Wetter. Die kurzen Hosen sind ebenso Pflicht wie die Flip-Flop resp. Sandalen; das T-Shirt wird bei Gelegenheit gerne ausgezogen. Solche sommerlichen Höhenflüge lassen einem schnell und rasch die Alltagssorgen vergessen – und auch den Laptop alias Blogomat und das Telefon. Wenigstens hatte einer den Kopf bei der Sache und befahl dem Fahrer zur Umkehr zwecks Einholung der genannten Gegenstände.

Das Quecksilber, das im Auto extrem digital wiedergegeben wird, gab als Höchstwert des Tages 27 Grad an. Und dennoch wurde man Zeuge des durchaus strengen Winters in der Region. So war der erste See gleich nach dem beschwerlichen Aufstieg nach Geiranger noch mit Eis versehen. Uns interessierten aus fototechnischer Sicht jedoch vor allem die ruhigen Lagen, die herrliche Spiegelungen im See zuliessen. Den Blick für diese Schönheiten fehlte sich dem Chauffeur des Böhnisch-Reiseunternehmens, der seinen Bus mit unzähligen und offensichtlich leicht verirrten Rentner – oder weshalb standen die wie Hühner unmotiviert und orientierungslos mitten auf der nicht ganz wenig befahrenen Strasse – an ganz anderer Stelle.

Verirrt waren offensichtlich auch einige Autofahrer beim Anblick der schwungvoll gewundenen Bergstrassen. Und nicht nur die eher an flaches Terrain (wir reden hier explizit von der Landschaft, die die Natur geformt hat!) gewohnten Holländer liessen sich von den steilen und engen Strassen beeindrucken. Ein Norweger mit Wohnwagen überschätzte die mutmassliche Breite seines Gefährts augenscheinlich, anders ist sein Verhalten auf der sicher 6 m breiten Bergstrasse kaum zu erklären. Rechts hatte er einen Sicherheitsabstand, der jeden Klappmeter hätte kurz erscheinen lassen und links schloss er gerne die offenen Lücken. Dies verhinderte nicht nur das geplante Überholmanöver, dessen erster Versuch aussen herum in einer Kurve ein Radius später von der Ehefrau (oder zumindest Beifahrerin) wenig freundlich gestikulierend nach hinten kommentiert wurde. Im entschlossenen Verhindern weiterer Versuche deutlich schneller Fahrender vorbeizukommen, wurde auf der linken Seite noch weniger Platz gelassen. Was in der Formel 1 sportlich als Kampflinie bezeichnet wird, ist im normalen Verkehr gleichbedeutend mit zu wenig Platz für den Gegenverkehr. Die betroffene Norwegerin schüttelt wohl noch immer den Kopf.

Wir haben dann doch überholt, gefahrlos auf einer kurzen geraden Strecke und mit genug Schwung. Ähnlichen Unbillen war man auf dem Touristenweg zwischen Grotli und Vidseter nicht ausgesetzt, da deutlichst darauf verwiesen wurde, dass diese Strecke für Wohnwagen äusserst ungeeignet und für Gefährte über 13 m Länge gar verboten ist. Gleichwohl liess sich das ein Zurücksetzen gegen einen wenig nachgiebigen Deutschen nicht verhindern. Und im Verlaufe dieser Strasse sank das Thermometer auf bedrohliche 14 Grad. Just an dieser Stelle – noch inmitten meterhoher Schneemauern, war die Talstation des Sommerskicenters von Stryn. Und tatsächlich waren nicht wenige Skandinavier auf der Piste, was für einmal im Wortsinn und nicht in alkoholischen Belangen gemeint ist. Allerdings schienen nicht ganz alle vom Wahnsinn befreit; zwei Frauen vergnügten sich (fast) nackt in einem Schneefeld. Im Bikini genossen sie die Sonne und (wohl) einen Kaffee.

Natürlich fehlten auch auf dieser Strecke nicht die frei herumlaufenden Schafe. Mit ihrem wenig intelligenten Gesichtsausdruck bestaunten sie den vorbeifahrenden Verkehr, waren aber wenigstens zu faul, um blö(ck)dsinnig auf die Strasse zu rennen. Die Mamis erwiesen sich als verantwortungsvoll und blieben mit dem Nachwuchs brav am Strassenrand, wo sie sich an den Leitplanken aufwärmten. Das zeigte aber die durchaus nicht im Übermass vorhanden zu sein scheinende Intelligenz. Denn es ist ohnehin schon sehr warm, vor allem im dicken Schurwollpullover. Aber wie sagte doch der weise Marco: „Weil sie so gut schmecken, ärgert man sich auch nicht so über die Schafe.“

Damit sind wir wieder zurück beim Verkehr, der abseits der sehr befahrenen Hauptrouten des deutschen Wohnmobiltourismus eigentlich ziemlich spärlich ist. Dennoch trifft man unverhofft wieder auf den Böhnisch-Car, der freundlich Platz liess, und andere, weniger kulante Verkehrsteilnehmer. Zwei tschechische Wohnwagen-Zugsfahrzeuge schnauften leicht untermotorisiert den Berg hoch, und noch davor keuchte gar ein deutscher Lastwagen – ebenfalls in enger Begleitung eines bewohnbaren Anhängers diese Strasse hoch. Weil gleich drei Personenwagen im Windschatten dieses Schwertransports die Courage zum Überholmanöver fehlte, wurde der Sportsgeist im Fiat geweckt. Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen vermögen zusammen nicht so viel Spektakel zu bieten, wie dieses sehenswerte, beherzte und sehr sicher durchgeführte Überholmanöver, das die beiden Schweizer auf dieser Bergstrasse zelebrierten.

Die Fahrt führte schliesslich auf beinahe vereinsamten Strassen über das Gaularfjell an einen Seitenarm des Sognefjords. Vorbei führte der Weg an Viksdalen, wo wir uns den leicht pubertären Scherz erlauben und uns fragen, wo all die Leute waren in diesem leeren Kaff. Alle auf der Toilette? Und dann ist zu berichten von einem über 20 km langen Wanderweg vorbei an mehreren Wasserfällen. Wir besichtigen nur einen dieser, in dessen Nähe gleich ein Parkplatz sich befindet und über den eine neue Brücke führt. Der Fall ist zwar wenig spektakulär für uns – im speziellen natürlich nach der gestrigen Bootsfahrt. Doch für einen norwegischen Opa, der mit seinem Enkel unterwegs war, schien das Erlebnis durchaus speziell. Nach dem ordentlichen Montieren des Geräts zur gesteigerten Hörqulität berichtete er per Handy (von seinem Enkel) jemanden von dem eben Erlebten. Dabei war er durchaus so noch vom Gesehenen fasziniert, dass er die ganze Wegbreite brauchte, während er erzählte.

Zum Schluss noch ein Wort über die Gäste des hiesigen Zeltplatz’ – wir sind in Dragsvik. Erstens gibt es hier Stammgäste, die zwischen dreieinhalb und fünf Wochen („Wir wollen uns noch nicht festlegen“) bleiben und Hermann heissen. Und diese hatten das kleine Problem, dass ein Neuzukömmling aus dem nunmehr nur noch östlichen Nachbarland, nachdem der genannte Gast auch schon ein Landsmann desselbigen gewesen sein müsste, sich ausgerechnet Hermanns Platz aneignen wollte. Doch ein wacher Campinggast wies den Austrianer an, dass Deutsches Hermann diesen Platz schon seit rund 800 Jahren innehat und innehaben wird. So zumindest erzählte Hermann dem eher schweigsamen Campingplatzbetreiber.

Und dann wäre da noch von meinem Fast-Ohrenschaden zu berichten. Während ich in der Abwaschküche diese Zeilen schreibe, stolperten drei nicht mehr ganz taufrische Holländer herein, um ihr vieles, sehr vieles Geschirr des Abendessens wieder zu reinigen. Dies taten sie aber mit soviel Wirbel und Lärm, wie es eine ganze Panzerdivision, die wohl auch weniger Material zur Verpflegung benötigt hätte, nicht zustande bringen würde. Ich könnte selbst nicht mit so laut abwaschen, wenn ich es wollen würde. Okay, ich bin auch eher für den morgendlichen Abwasch zuständig, der ja aus natürlichen Gründen schon ganz anders verläuft, weil man da noch nicht richtig wach ist. Aber eben, nun wackelt mir das Trommelfell, als hätte Maria Callas eine Stunde lang das Hohe C angeschlagen.

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